Pandemieerfahrung und Projektplanung
Bedingungen, die bis zum Ausbruch der Pandemie als unvorstellbar galten, wurden zum Teil von einem Tag auf den anderen beschlossen (Lockdowns, Schulschließungen, Empfehlung zum Homeoffice, etc.). Gesellschaft, Politik und Wissenschaft fanden sich plötzlich in einer gänzlich neuen Situation, zwischen dem schnellstmöglichen Finden von Lösungen (Aufnehmen von neuen Handlungsmustern, Entwicklung von Impfstoffen, Simulation und Analyse von Pandemie-Mechanismen, Bewertung von Folgekosten) und der Beibehaltung bewährter Kontrollmechanismen (Qualitätssicherung durch Veröffentlichung der Ergebnisse). Gleichzeitig stand die Wissenschaft plötzlich im medialen Rampenlicht und wurde von den Entscheidungsträger:innen der Politik so häufig wie nie zuvor um Informationen und Einschätzungen gebeten.
Diese Prozesse sind aktuell Gegenstand einer intensiven politischen, wissenschaftlichen und medialen Diskussion. Für das Funktionieren von Demokratien und für die Wissenschaft selbst, ist es notwendig, dass sowohl Empfehlungen als auch Handlungen überprüft werden. Nur so lassen sich Schlüsse für die Zukunft ziehen. Das muss aber wissenschaftlich fundiert und nicht „auf Zuruf“ passieren.
Wie dieses Handeln bestmöglich überprüft und bewertet werden kann, darüber hat sich ein Team bestehend aus Wissenschafter:innen der Medizinischen Universität Wien, der Technischen Universität Wien und der Universität für Weiterbildung Krems bereits Anfang 2022 Gedanken gemacht. Herausgekommen ist das WWTF-geförderte Forschungsprojekt BETTER – Being Equipped To Tackle Epidemics Right, das am 1.3.2023 startete. Im WWTF Call 2022 Life Science – Public Health waren interdisziplinäre Forschungsprojekte mit Fokus auf innovative Methodenentwicklung im Bereich der öffentlichen Gesundheit einzureichen. BETTER konnte sich dabei als eines von 8 Projekten gegen eine Konkurrenz von insgesamt 95 Einreichungen durchsetzen.
Lernen und Lehren für die Zukunft
BETTER hat sich zum Ziel gesetzt, Wirksamkeitsforschung, Modellierung von Infektionskrankheiten und Evidenzsynthese zu kombinieren, um die zukünftige Epidemie- und Pandemievorsorge in Österreich zu verbessern. Dabei ist ein wesentliches Element das aktive Miteinbeziehen verschiedener Stakeholder, einschließlich der Bürger:innen. Dazu werden verschiedene Entscheidungsszenarien und deren Auswirkungen in städtischen und ländlichen Umgebungen simuliert.
Die für die Analysen nötigen Modellparameter werden basierend auf Ergebnissen von systematischen Reviews und Interviews erarbeitet. Das an der Technischen Universität Wien entwickelte, agentenbasierte Bevölkerungskonzept (um komplexe Verhaltensweisen bestmöglich zu beschreiben) wird eingesetzt, um die Auswirkungen der verschiedenen Szenarien auf (gesundheits-)systemische, psychosoziale, epidemiologische und wirtschaftliche Aspekte zu bewerten. Dieser Blick auf Bereiche, die während der Pandemie nicht ausreichend beleuchtet wurden, ist ein wichtiger Aspekt von BETTER und für die Optimierung einer zukünftigen Epidemie- bzw. Pandemievorsorge unerlässlich.
BETTER soll neues Wissen generieren, wodurch es in Zukunft möglich sein wird, bessere Entscheidung bei potenziellen künftigen Pandemien zu treffen. Gerade vor dem Hintergrund der zunehmenden Polarisierung und einem Misstrauen gegenüber der Wissenschaft ist der Anspruch, mit BETTER zu einer besseren zukünftigen „Pandemic Prepardeness“ in Österreich beizutragen. Außerdem können auch Strategien für den Umgang mit anderen Krisen abgeleitet werden.